Abs.: Rainer Kippe, Düsseldorfer Str.74, 51063 Köln

An die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN
Frau Barbara Moritz
Haus Neuerburg
Gülichplatz 1-3
50667 Köln


Betr.: Barmer Viertel
Köln, den 10.03.06

 

Liebe Barbara,

zunächst möchte ich mich bei Dir für die rasche Antwort auf mein Schreiben bedanken.

Ich bedauere es sehr, dass die Auseinandersetzung um den Barmer Block beginnt, Spuren in unserer persönlichen Beziehung zu hinterlassen, weil ich Dich- und das heißt Deine Arbeit wie gleichermaßen Deine Person-, sehr schätze.

Mir tut es auch leid, dass Du den Eindruck hast, ich hätte Dein Vertrauen missbraucht und Informationen, die Du mir persönlich und vertraulich gegeben hast, entgegen Deiner ausdrücklichen Bitte weitergegeben und veröffentlicht. Dem ist nicht so. Ich habe streng darauf geachtet, von dem, was Du mir erzählt hast, nur Dinge zu verwenden, die ich auch von anderer Seite gehört habe, die bereits öffentlich bekannt waren, oder die Du selbst öffentlich erzählt hast. Sollte ich dabei einen Fehler begangen haben, so wäre das unabsichtlich und ich würde mich auch dafür entschuldigen. Voraussetzung wäre allerdings, dass Du mir sagen würdest, was genau Du meinst.


Insbesondere habe ich die Zahlen, die wir verwendet haben, nicht von Dir erhalten. Ich betone das extra, weil ich mir gewünscht hätte und noch weiter wünsche, dass alles das, was in dieser Angelegenheit hinter verschlossenen Türen gesprochen worden ist, auf den Tisch käme. Ich konnte da keine personenbezogenen Daten entdecken, die schützenswert wären. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass ein weiteres mal Dinge nichtöffentlich behandelt werden, um das gemeine Volk von der Diskussion auszuschließen, während alle diejenigen, die in Köln über Einfluss verfügen, erfahrungsgemäß über alle relevanten Daten aus den nichtöffentlichen Ausschuss- und Ratssitzungen Bescheid wissen und diese für ihre eigenen Interessen verwenden- die Medien eingeschlossen. Ich sage das an dieser Stelle, weil die Durchbrechung dieser Art von Geheimhaltung meiner Erinnerung nach einer der Gründe waren, weshalb wir in den 70ern versucht haben, in die Parlamente zu kommen, genauso wie der Erhalt von Wohnen in der Innenstadt, der Kampf gegen die Tertiärisierung der Innenstädte, und den Betonfraß.
Dass Du mich mit Ignatius von Loyola gleichsetzt, der für die Heilige Katholische Kirche bekanntlich über Leichen ging, nehme ich im immer noch katholischen Köln als Kompliment; immerhin ist er einer der großen Heiligen, die Ihr in Euren Kirchen verehrt. Ich als lutherischer Ketzer bin allerdings, wie Du an meinen Ausführungen unschwer sehen kannst, anders gestrickt. Bei mir heiligt der Zweck keinesfalls die Mittel. Als Protestant komme ich stattdessen in Gewissensnöte, wenn Prinzipien verletzt sind. 40 Jahre Kölner Luft haben meine ehernen Grundsätze schon schrumpfen lassen und mich gelehrt, meistens durch die Finger zu sehen. Die Kölner nennen das ja fälschlich Toleranz. Wenn man, wie ich das bei Eurer Politik sehe, allerdings allzu weit von seinen Grundsätzen abweicht, erhebe ich auch heute noch manchmal meine Stimme- nicht mehr so schrill wie früher, aber immer noch vernehmlich.


Du siehst an meinen Ausführungen, dass ich Dich immer noch für einen Wechsel in Eurer Abrisspolitik gewinnen will. Und -ehrlich gesagt- ich verstehe nicht, warum das so schwer ist. Dafür hast Du mir in allen unseren vertraulichen Gesprächen jedenfalls noch keine Grund genannt.


Dass ein Abrissauftrag noch nicht vergeben ist, haben wir schon vorgestern erzählt. Der Erbbauverein wartet nach unserem Eindruck nur auf ein Signal von Seiten der Stadt, um den Abriss aufzuschieben und seinen langjährigen Genossen den Anblick eines Parkplatzes an der Stelle zu ersparen, die einmal ihr Zuhause und der Stolz der Genossenschaftsbewegung in Köln und weit darüber hinaus war. Es handelt sich ja immerhin um die Gründungszelle. Das diese Leute das nicht laut sagen dürfen, liegt auf der Hand. Sie müssen und wollen vertragstreu sein- nicht die schlechteste Eigenschaft heutzutage.
In große Verwirrung haben mich Deine Ausführungen zu dem "Investor" gestürzt, dessen Angebot als Grund dafür herhalten musste, dass eine Zwischennutzung nicht zustande kam.


Einmal war dies ein ernsthaftes Angebot- sonst hätte es ja nicht als Begründung getaugt. Dann wieder war es- und so entnehme es Deinem Schreiben- noch nicht gültig, weil es "vertagt" worden ist. Wenn ich Dich gestern Abend recht verstanden habe, habt Ihr in den Ratsausschüssen das Angebot aber abgelehnt.


Auch zu der Größe des Grundstücks, welches der "Investor" für 16,4 Millionen erwerben wollte, würde ich mich über eine Klarstellung von Deiner Seite freuen. Nach den Plänen, die ich gesehen habe, handelt es sich dabei um den größten Teil des -verwertbaren- Grundstücks des Erbbauvereins, und nicht nur um die Blockspitze. Diese Frage erscheint uns wichtig, weil man ja nur so beurteilen kann, ob sich ein Abbruch für die Stadt überhaupt rechnet, oder ob es nicht günstiger wäre, zumindest den historischen Block stehen zu lassen- eine Frage, die man unserer Meinung nach in den Planungsgesprächen für einen neuen B-Plan prüfen sollte.


Solltet Ihr, wie ich es Deinen gestrigen Ausführungen entnommen haben, aber jetzt an eine Aufteilung denken, so wäre es unserer Meinung nach erst recht wichtig, die Häuser zunächst stehen zu lassen.


Besonders getroffen haben mich Deine Ausführungen zum Studentenwerk, dahingehend, dass meine Äußerung in einem Flugblatt, ein Vertrag sei "unterschriftsreif" gewesen, für Verstimmung beim Vorstand des Studentenwerks gesorgt hätte. Ich kann Dir zu Deiner Beruhigung mitteilen, dass Jörg Detjen gestern Abend bekannt gegeben hat, er habe über eine Zwischennutzung mit dem Studentenwerk gesprochen und dieses sei weiterhin interessiert. Auch wenn meine Äußerung in diesem Punkt etwas über das Ziel hinausgeschossen sein sollte, so wäre immerhin kein Schaden entstanden.

Ich akzeptiere Deine momentane Verärgerung und hoffe, dass sie nicht von Dauer ist. Vielleicht schaffen wir es ja, den Blick auf die Zukunft zu richten und gemeinsam eine Lösung zu finden.

Dein

Rainer Kippe

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----- Original Message -----
From: <barbara.moritz@stadt-koeln.de>
To: <r.kippe@ina-koeln.org>
Sent: Friday, March 10, 2006 10:37 AM
Subject: Abwesenheitsnotiz: Verstimmung

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