Boris Sieverts
Büro für Städtereisen
Göddestr. 14
51067 Köln
www.neueraeume.de
borissieverts@gmx.de
Herrn Baudezernent
Bernd Streitberger
Köln, 10.4.06
Offener
Brief:
Barmer Viertel neu planen
Sehr geehrter Herr Streitberger,
seit einiger
Zeit verfolge ich die Geschehnisse um den Barmer Block zwischen Kölner
Messe und dem Bahnhof Deutz. Den Planungen für Bürobauten und einen
neuen Bahnhof Deutz an dieser Stelle stand ich zwar immer skeptisch gegenüber,
konnte aber die Logik einer Umwidmung dieser Wohnenklave zu Büro- Verkehrs-
und Messeflächen durchaus nachvollziehen. Nicht nachvollziehen kann ich
allerdings, wie ein alles in allem so kostenintensives Unterfangen ohne auch
nur eine einzige verbindliche Zusage seitens eines Investors durchgezogen werden
konnte (vielleicht war das einfach die "schöne-neue-moderne-Stadt-Euphorie",
der ich glücklicherweise nie verfallen bin) und vollends erstarre ich,
wenn ich lesen muss, dass ein Teil des Geldes aus dem Topf für die Schulen
stammte (an meiner eigenen Schule, die ich vor 18 Jahren verlassen habe, ist
seitdem kein Euro investiert worden, dem entsprechend sieht sie aus
).
Nun sind die Pläne zunächst mal gescheitert bzw. auf 2025 !! (Bahnhof)
vertagt. Die Häuser, die dafür abgerissen werden sollten, stehen noch!
"Zum Glück!" - sollte man jetzt meinen - aber was hört man
dann aus dem weisen Rathaus: "Wir reißen trotzdem ab!" Man ist
überrascht und wagt zu fragen: "Aber warum denn - gibt´s was
Neues?" - "Nicht wirklich - aber es könnte ja was Neues geben."
- da kann man dann nur noch mit den Schultern zucken und sagen: "Ja, liebe
Leut´, seid Ihr denn jetzt völlig übergeschnappt?". Oder
man lässt noch mal die ganzen Schildbürgereien, die in den letzten
Jahren beim Kölsch im kleinen Kreis ausgeheckt wurden Revue passieren und
kommt zu dem Schluss: "Nein! Es reicht! Hier reißt niemand mehr irgendetwas
ab, weil ja was anderes kommen könnte, sollte, müsste!"
An diesem Punkt bin ich angelangt und viele andere glaube ich auch.
Sie sind in Köln angetreten mit dem Versprechen, Stadtentwicklung und Städtebau
zu einer in einer breiten Öffentlichkeit diskutierten Angelegenheit zu
machen. Entscheidungen, wie sie sich jetzt für den Barmer Block abzeichnen,
tragen aber eher die militärische Handschrift ihres Vorgängers Klaus
Otto Fruhner. Wenn Ihr Workshop nicht bloß eine Alibiveranstaltung zur
Durchsetzung vielleicht irgendwo längst abgekarteter Entscheidungen sein
soll, sondern wirklich eine wirtschaftliche, stadtteilverträgliche und
qualitätvolle Lösung, die auch auf unvorhersehbare Nachfrageszenarios
eingehen kann, ergebnisoffen zu Tage fördern soll, müssen Sie die
Erhaltung des Barmer Blocks oder eines teils desselben als Möglichkeit
offen lassen.
Der politische Anstand würde es sogar gebieten, sich ohne wenn und aber für den Erhalt des Barmer Blocks oder eines Teils desselben einzusetzen, sei es vorübergehend oder dauerhaft!
Mit freundlichem Gruß
Boris Sieverts