Institut für Neue Arbeit - INA
-----------------------------------------
Köln, den 03.05.2006


Sehr geehrte Damen und Herren,

am 22.4.06 berichtete der ZDF-Länderspiegel sehr interessant zum Barmer Viertel. Kritische Berichterstattung, die schon mehrfach als Marotte der Privaten Sender abgetan wurde, ist nun auch schon Marotte des ZDF geworden.

"Und bis wirklich Büros gebaut werden, entsteht erstmal die teuerste Brachfläche Deutschlands." (Zitat Länderspiegel)

Die Kölsche Politik und Verwaltung setzt offensichtlich alles daran, zum Gespött der Nation zu werden.

Nur zu.

Wir dokumentieren unten das gesamte Manuskript des Länderspiegel-Beitrages.
Der Film kann auch gesehen werden unter
http://barmerviertel.ina-koeln.org


Mit freundlichem Gruss

Heinz Weinhausen

-------------------------------------

ZDF, Länderspiegel vom 22. April 2006

Thema: Barmer Viertel - Abriss warum?


Moderator:
In Köln erhitzen sich die Gemüter über ein gigantisches Bauprojekt. Über 1000 Menschen mussten bereits ihre Wohnungen verlassen, die größte Umsiedlung in Nordrhein-Westfalen seit Kriegsende. Doch was nach dem Abriss der Barmer Siedlung mit dem Areal tatsächlich geschieht, steht in den Sternen. Eigentlich sollte hier im rechtsrheinischen Teil der Stadt die neue Skyline von Köln entstehen - im Mittelpunkt ein imposantes Hochhaus des Stararchitekten Helmut Jan. Doch weil dieser Glaspalast die Gesamterscheinung des berühmten Doms als Weltkulturerbe gefährde, so die UNECO, wurden die hochtrabenden Pläne kurzerhand wieder eingestampft. Und trotzdem, in diesen Tagen beginnt der Abriss, viele f ragen aber warum?
Heiko Rahms erzählt uns die Geschichte.

Länderspiegel:
Barmer Viertel erhalten. Wir besetzen. Hausbesetzer mitten in Köln. Im Innenhof trifft sich die Szene, mittendrin Studentin Sabine Schölermann. Sie kümmert sich um alles und erinnert die rund 100 Hausbesetzer manchmal an ihre politischen Ziele.

Sabine Schölermann:
„Es gibt das politisch gemeinsame Ziel, den Barmer Block hier zu erhalten und darüber kann man sich definieren? Auch wenn die Menschen sehr unterschiedlich sind, die hier sind, aber eigentlich sind alle hier, weil sie gegen den Abriss sind."

Länderspiegel:
Sie wollen hier aushalten, zusammen kampieren, bis die drohende Zwangsräumung kommt.

Jan:
„Ganz freiwillig gehen wir nicht so, ne. So mindestens lasse ich mich raustragen, würd' ich mal denken. “

Krücke:
"Denke ich auch. Ich schmeiße meine Krücken aus dem Fenster und lasse mich raustragen. Auf jeden Fall. A lso keine Gewalt, aber ich lasse mich raustragen“

Länderspiegel:
Deshalb stehen sie schon jetzt unter scharfer Beobachtung. In Mannschaftsstärke ist die Polizei angerückt,denn der Nachbarblock wird bereits abgebrochen. Bis zum 30. Juni soll das letzte Haus des Viertels verschwunden sein, egal ob die Hausbesetzer freiwillig gehen oder nicht.

Uwe Neuhausen, Geschäftsführer Erbbauverein:
"Wir werden, wenn wir die nicht besetzten Gebäude abgerissen haben, nochmals mit allen Besetzern sprechen. Wir bereiten aber jetzt schon die juristische Freiräumung dieser Gebäude vor."

Länderspiegel:
Das Problem ist der Status des Kölner Doms als Weltkulturerbe. Er muss das höchste Gebäude im Umkreis bleiben, daher dürfen in bester Innenstadtlage nun doch keine Hochhäuser gebaut werden. Die Folge: Investoren sprangen ab. Trotzdem wird abgerissen. Es droht eine Brachfläche. 30 Jahre haben Heinrich Reinig und Ursula Körfgen hier gewohnt. Sie können das alles nicht verstehen.

Länderspiegel:
"Was fühlen sie, wenn sie hier so stehen?"

Heinrich Reinig: "Schmerzen. Aber gewaltige Schmerzen. Es ist nicht schön, was hier gelaufen ist."

Länderspiegel:
"Warum, was finden sie nicht in Ordnung?"

Heinrich Reinig: "Es ist alles der Kölsche Klüngel. Ja, weil im Prinzip, wir wollten alle nicht raus hier. Wir sind quasi auf deutsch gesagt gezwungen worden."

Länderspiegel:
So wie Hans Werner Gemein Er war Hausmeister in dem Viertel. Zum ersten Mal seit dem Auszug betritt er wieder seine alte Wohnung.

Länderspiegel:
"Wie lange haben sie hier gewohnt?"

Werner Gemein:
"30 Jahre habe ich hier gewohnt. Da schießen einem die Tränen in die Augen, wenn man so was sieht, ne. Das ist nicht normal. Neu gefliest, Decke neu eingezogen, neue Dusche reingebaut die Badewanne entfernt. Hier war früher eine Badewanne und ein Heizkessel drin. Ja, und das ist alles rausgekommen und auf meine Kosten erneuert worden."

Länderspiegel:
Trotz der Entschädigung, die er bekommen hat, denkt er immer noch wehmütig an die alte Heimat zurück.

Werner Gemein:
"Ja, ich habe praktisch genau gegenüber auf der zweiten Etage im Haus Nummer 15 gewohnt, da bin ich von meinen Eltern aus eingezogen."

Rahms:
Vor allem Postarbeiter wohnten im Barmer Block bis Ende letzten Jahres Schluss war. Insgesamt 1000 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen, aber die Stadt Köln sagt nicht ,was hier neu entstehen soll. Auch vor der Kamera will kein Verantwortlicher Stellung nehmen. Im Mai werde man Pläne vorlegen. Immerhin, soviel ist zu erfahren, für ein neues Büroviertel. Welche Firmen hier bauen wollen, könne man nicht sagen, aber es gäbe Interessenten.

Sabine Schölerman und ihre Freunde glauben unverdrossen, trotz des Abrisstermins, an eine Zukunft des Barmer Blocks. Sie wollen ihre selbstverwaltete Kommune verteidigen und den Abriss verhindern.

Träume.

Andreas:
"Mir würde es natürlich gefallen, wenn es hier so was geben würde wie Jugendprojekte oderJugendwerkstätten. Auch irgendwie Proberäume. Zum Beispiel auch Förderung des alten Handwerks, auch Kulturförderung auf eine Art und Weise, Künstlerförderung.“

Länderspiegel:
Doch die harte Realität sieht anders aus. Das Viertel wird abgerissen. Und bis wirklich Büros gebaut werden, entsteht erstmal die teuerste Brachfläche Deutschlands.“


Home Pressespiegel