Rainer Kippe, Düsseldorfer Str.74, 51063 Köln

Herrn
Regierungspräsident Lindlar
-persönlich und dringlich
Zeughausstraße
50667 Köln
vorab durch E-Mail
poststelle@bezreg-koeln.nrw.de

Betr.: Abriss Barmer Viertel Köln- Deutz
Köln, den 23.02.06


Sehr geehrter Herr Regierungspräsident,

wie wir den Ratsunterlagen vom Juli und Dezember 02 entnommen haben, hat die Stadt das Gelände Barmer Straße/ Leichlinger Straße vom Erbbauverein Köln zu Bedingungen gekauft, die es ganz offensichtlich unmöglich machten, dass der geplante Wiederverkauf den aufgewendeten Kaufpreis auch nur annähernd wieder einbringt.

Bereits die Kaufsumme für das Gelände von annähernd 22 Mio. Euro war im Vergleich mit anderen Deutzer deutlich besseren Wohnlagen um das 2-3fache überhöht. Der Wiederkauf sollte allerdings die fantastische Summe von 71 Mio. erbringen. Tatsächlich gab es dafür keinerlei Sicherheiten. Insbesondere hat die Stadt es unterlassen, sich von den erwarteten Erwerbern Sicherheiten geben zu lassen bzw. vertraglich verbindliche Zusagen, die es ihr ermöglicht hätten, das Gelände zum erwarteten und eingesetzten Preis auch wieder loszuwerden. Man hat es aber sogar versäumt, selbst die Bahn AG und die Kölnmesse, welche durch den Bau eines ICE Bahnhofes und einen neuen Messeausgang besonders von dem Grunderwerb profitiert hätten, vor dem Kauf zur Unterzeichnung einer verbindlichen Verpflichtung zu veranlassen. Der östliche Teil des Blocks, welcher ein denkmalgeschütztes Ensemble umfasst, hätte überhaupt nicht erworben werden dürfen, weil der für die Verwirklichung der obengenannten städtebaulich allenfalls vertretbaren Pläne gar nicht erforderlich war. So wie der Erwerb der Grundstücke insgesamt eine Förderung der DB und der Messe darstellt, so ist der Erwerb des östlichen Blocks nur als eine Gefälligkeit gegenüber dem Erbbauverein zu verstehen.

Die Kaufoption der Fa. Moderne Stadt/ Modernes Köln für einen großen Teil des Geländes in Höhe von 16,4 Mio. lässt erwarten, dass die Stadt allenfalls den für den Grunderwerb eingesetzten Betrag von 22 Mio. Euro durch den Wiederverkauf erwarten kann.

Der Preis für die Umsiedllung der Mieter und den Neubau der Wohnungen des Erbbauvereins, welcher mit ca. 43 Mio. beziffert ist, ist als verloren anzusehen.

Die Stadt hat nach ihrem eigenen Vorbringen dieses Geld den Wohnungsbaumitteln und den Mitteln für die Schulsanierung entnommen. Offensichtlich wurde der erwartet Verkaufspreis von 71 Mio. zum Ausgleich dieser Entnahme im Haushalt gegengerechnet. Diese Einnahme ist nun nicht mehr zu erwarten. Im Gegenteil ist der zugrunde B-Plan bereits aufgegeben worden und das Verfahren für die Erstellung eines neuen eingeleitet, dessen Höhenfestlegungen und Ausnutzung nur noch einen Bodenpreis in der zuerst genannten Höher erwarten lassen.

Durch dieses Vorgehen hat die Stadt gegen zwingende haushaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen und Rat und Verwaltung haben das Vermögen der Stadt gravierend gefährdet und bereits jetzt erkennbar geschädigt.

Der geplante Abriss der noch existierenden bislang unbeschädigten Wohnbebauung wird einen weitere erheblichen Vermögensschaden hervorrufen, da der Boden zusammen mit den intakten Wohnungen mindesten den doppelten Wert hat wie der Boden allein. Hinzu kommen die Abrisskosten von alleine 3 Mio. Euro.

Der Abriss selbst ist nicht mehr zulässig und die noch bestehende Abrissgenehmigung materiell hinfällig, da die Voraussetzungen, unter der sie erteilt worden ist, entfallen ist und ein neuer Plan erst erstellt werden muss. Dass dabei der Abriss möglicherweise überflüssig ist ergibt sich auch aus der Äußerung des Baudezernenten Streitberger, der an dieser Stelle den Neubau von Wohnungen zumindest nicht ausschließen will.

Genauso wie die Abrissgenehmigung ist damit auch die Zweckentfremdungsgenehmigung für diesen Wohnbestand hinfällig geworden und ebenso die Aufhebung des Denkmalschutzes für einen Teil des Wohnbestandes (s. unseren Brief an die Denkmalschutzbehörde im Anhang).

Wir bitten Sie, im Rahmen der Fachaufsicht zunächst den Abriss zu untersagen, um eine weitere Verschleuderung von städtischem Eigentum zu unterbinden und zu verhindern, dass die Stadt durch diese ruinöse Verschleuderung von städtischen Geldern und Bodenwerten noch weiter in die Kreide kommt. Wir sehen als Bürger mit großer Sorge die Gefahr heraufziehen, dass unsere Stadt, wenn Sie nicht eingreifen, weiter überschuldet wird und dadurch ihre finanzielle Entscheidungsfähigkeit verliert und endgültig unter die staatliche Haushaltsaufsicht gerät.

Wir bitten Sie des weiteren, da wir einen Messeskandal 2 fürchten, die Ernsthaftigkeit der Absichten Modernes Köln/ Moderne Stadt zu überprüfen, da ja die stadteigene Kölnmesse und die bundeseigene Bahn AG angesichts der Rechtslage ihre Investitionsabsichten aufgegeben, bzw. im Falle der Bahn AG auf das Jahr 2025, sprich auf den St. Nimmerleinstag verschoben haben. Unter diesen Umständen erstaunt es, dass das Firmengespann Modernes Köln/Moderne Stadt, an dem städtische Firmen maßgeblich beteiligt sind, bereit ist, das unternehmerische Risiko für ein Grundstück zu übernehmen, das die im Ernstfall von der Lage direkt begünstigten Kölnmesse und Bahn AG nicht einmal mehr mit spitzen Fingern anfassen wollen.

In diesem Zusammenhang ist es aufschlussreich, dass Moderne Stadt/Modernes Köln nicht einmal das Grundstück erwerben, sprich der Stadt 16,4 Mio. Euro zahlen, sondern nur eine Option auf das Grundstück. Solche Optionen betragen erfahrungsgemäß etwa 10% des Kaufpreises, d.h. mit einem Betrag von 1,64 Mio. Euro und keinerlei Plänen wird die Rechtfertigung für den Abriss von 381 intakten und in Köln dringend benötigten Wohnungen geliefert, welche ca. 25 000 qm niedrigpreisigen und sozialgünstigen Wohnraum in Innenstadtlage repräsentieren. Es ist auffällig, dass dieser Investor just zu diesem Moment aufgetreten ist, als sich eine Zwischennutzung für Studenten mit dem Studentenwerk Köln als Vertragspartner abzeichnete. Wer die Qualität und Kreativität des Kölner Klüngel kennt, kann da nicht an Zufall glauben. Eine Durchleuchtung dieses Investors dürfte daher erstaunliches zutage fördern.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Kippe