Brände wie gerufen
oder: ein Schelm, wer Böses dabei denkt...
von Rainer Kippe und
Martin Massip
Der Kampf der Stadt um den
Abbruch des letzten bewohnten Hauses im Barmer Viertel, der Gaststätte
zur Post, wäre beinahe durch die Naturgewalten entschieden worden. Hephaistos,
der Gott des Feuers, römisch auch Vesuvius genannt, ließ es am Nachmittag
des 18.Juni brennen. Abbrucharbeiter hatten Berge von trockenem Holz von den
Dielen der Abbruchhäuser, bestrichen mit 90 Jahre Bohnerwachs, neben dem
Hinterausgang der Wirtschaft der Familie Rüdiger gestapelt. Die Flammen
schlugen hoch bis zum 2. Stock. Nur mühsam bekam die Feuerwehr den Brand
im Innenhof unter Kontrolle, weil die Anfahrt mit Löschfahrzeugen nicht
möglich ist. Kaum war die Feuerwehr abgerückt, flammte der Brand erneut
auf. Da die stadtkölnische Feuerwehr versäumt hatte, eine Brandwache
vor Ort zurückzulassen, konnte der Brand dieses mal auf das Haus der Wirtsleute
Rüdiger übergreifen. Nur dem beherzten Eingreifen der Frau Rüdiger
ist es zu verdanken, dass nicht größerer Schaden entstand.
Unter den Kölner Blättern nahm sich wieder einmal nur die BILD-Zeitung
der Opfer an. "Unter Kostengesichtspunkten wäre es günstiger,
das Haus abzureißen", vertraute Axel Rosteck (46), stellvertretender
Leiter des Liegenschaftsamtes, dem Springer-Blatt an. Und weiter: "Angeblich
wurden Rüdiger 50 000 Euro angeboten, damit er vorzeitig auszieht. Rosteck:'Es
geht unterm Strich immer ums Geld. Entweder wir werden uns einigen oder nicht.
Da sind wir nicht unter Druck." Unter Druck war, wie man jetzt auch in
BILD lesen kann, nur die Sitzcouch der Familie Rüdiger. Da ließen
Abbrucharbeiter, während die Rüdigers mit der Stadt verhandelten,
Deckenbrocken herabregnen, als Begleitmusik sozusagen, zu den völlig druckfreien
Verhandlungen.
Ganz zufällig hat es
auch einer anderen Stelle in Köln gebrannt, wo die Stadt ebenfalls eine
rasche Räumung erreichen will, und zwar in den Clouth-Hallen, in denen
Künstler sich mit Genehmigung des Eigentümers Ateliers ausgebaut haben.
Die Stadt beauftragte ein Kleinstabbruchunternehmen damit, überflüssige
Metallteile von den Hallen abzutrennen, damit sie als Schrott verwertet werden
können. Anfangen ließ die Stadt diese Arbeiten ausgerechnet an der
Halle, in der die Künstler ihre Ateliers haben, obwohl es jede Menge leerstehender
und ungenutzter Hallen auf dem Gelände gibt. Die dabei tätige Firma
führte die Schweißarbeiten zum Abtrennen eines Tankes so unsachgemäß
aus, dass dabei die Künstlerhalle in Brand geriet. Nach Berichten der Geschädigten
wurde gegen elementare Brandschutzvorschriften verstoßen, obwohl die Stadt
angeblich einen Sicherheitsingenieur eingeschaltet hatte. So wurden aus einem
Tank, der abgetrennt werden sollte, Flüssigkeiten abgelassen, in denen
sich noch brennbare Anteile befanden. Es roch intensiv nach Lösungsmitteln.
Die anwesenden Künstler warnten vergebens vor der damit verbundenen Gefahr.
Der beauftrage Arbeiter führte trotzdem, ebenfalls vorschriftswidrig, die
Arbeiten alleine aus und bemerkte nicht, dass er die ausgelaufenen Flüssigkeiten
in Brand gesetzt hatte. Nur der Aufmerksamkeit der Künstler, die sofort
die Feuerwehr verständigten, ist es zu verdanken, dass es nicht zu einem
Großbrand gekommen ist. Nach dem Brand ist die von der Stadt beauftragte
Kleinstfirma nicht zu erreichen. Bei der Stadt schiebt eine Abteilung der anderen
die Verantwortung für die Entschädigung der Künstler zu. Ein
Atelier ist z.Zt. unbenutzbar, andere sind verschmutzt, da der Rauch durch die
ganze Halle gezogen ist.
Dem Ziel, die Künstler zu vertreiben, ist die Stadt aber, anders als im
Falle Rüdiger, näher gekommen: Sie stellt jetzt nämlich als verantwortlicher
Eigentümer und Vermieter fest, dass der Brandschutz der Künstlerhallen
nicht ausreichend ist, und diese deshalb geschlossen werden müssten. Und
wo die Stadt Recht hat, da hat sie Recht. Wenn sie das nächste Kleinunternehmen
beauftragt, das genauso grobfahrlässig arbeitet, stehen die Chancen für
einen erneuten Brand nicht schlecht. Frage ist nur, ob sich diese Art von Bränden
durch noch so gute Brandschutzmaßnahmen verhindern lassen.
Die Parallele zwischen Barmer
Viertel und Clouth-Gelände liegt aber nicht nur darin, dass es bei den
Mietern, die der Stadt nicht weichen wollen, zu Bränden kommt. Auch das
Vertreibungsinteresse ist in beiden Fällen das gleiche: Nach dem im Januar
2003 der GAG-Verkauf gescheitert war, klaffte im Kölner Haushalt eine Lücke
von 290 Millionen Euro, die nicht geschlossen werden konnte. Deshalb musste
der Regierungspräsident den Haushalt genehmigen und verlangte die Aufstellung
eines sogenannten Haushaltssicherungskonzeptes (HSK). Darin verpflichtete sich
die Stadt Köln, die Erlöse aus dem Verkauf von vier Großgrundstücken
als Deckung für die Haushaltslücke einzusetzen. Es handelt es sich
dabei neben Grundstücken in Rodenkirchen und Zündorf um das Barmer
Viertel und das Clouth-Gelände. Will die Stadt nicht das Scheitern des
HSK und den Sparkommissar des Landes in Köln mit einem Nothaushalt, dann
muss sie diese Grundstücke zu Höchstpreisen verkaufen, um sie maximal
zu verwerten. Klar ist, dass dabei alle sozialen und kulturellen, ebenso wie
alle stadtentwicklungspolitischen Ziele auf der Strecke bleiben. Klar ist auch,
dass die Politiker, die das HSK umsetzen, alle möglichen Gründe vorschieben,
jedoch ihr wahres Motiv nicht nennen. So werden DIE GRÜNEN niemals öffentlich
gestehen, dass sie im Sommer 2003, als sie in Köln unbedingt an die Macht
wollten, gemeinsam mit der CDU einen äußerst wackligen Haushalt zusammen
mit dem Haushaltssicherungskonzept mit unrealistisch hohen Erlösen beschlossen
haben. Im Gegenteil führen sich die GRÜNEN immer noch als die Fürsprecher
für Kunst, Kultur und Soziales auf, obwohl sie mit ihrem Haushaltssicherungskonzept
einer Liegenschaftspolitik, die sozialen und kulturellen Zielen verpflichtet
ist, den Boden entzogen haben. Das muss jetzt auch die stadteigene GAG spüren,
die seit Jahren händeringend um die Überlassung städtischer Grundstücke
bettelt, um die dringend erforderlichen Sozialwohnungen errichten zu können-
früher für die Verwaltung kein Problem, heute unmöglich.
Der GRÜNEN Parteiversammlung, die in 2003 den Koalitionsvertrag mit der
CDU absegnen musste, wurden diese und andere Kröten serviert, garniert
mit einer bunten Palette von Projekten, welche die CDU gemeinsam mit DEN GRÜNEN
verwirklichen wollte - allerdings in ferner Zukunft. Parteimitglieder, die vor
diesem Abenteuer warnten, wurden als "Fundis" abgetan. Sie hatten
damals schon davor gewarnt, dass die Fraktion um Barbara Moritz und Jörg
Frank sich von dem Politprofi Bietmann über den Tisch ziehen lassen. Diese
schöne Zukunft, soviel kann man jetzt jedenfalls feststellen, wird nie
eintreten, weil die CDU nämlich längst in der Opposition verschwunden
ist. Das Haushaltssicherungskonzept hingegen bleibt und muss nun von DEN GRÜNEN
und der SPD exekutiert werden, welche letztere überhaupt nicht daran beteiligt
war. Aber das war ja in Deutschland immer die selbstgewählte Aufgabe der
Sozialdemokratie, dass sie die Bankrottpolitik der bürgerlichen Kreise
ausgelöffelt hat.
Bezahlen für das HSK und die Machtergreifung DER GRÜNEN müssen
im Barmer Viertel die Kölner Wohnungssuchenden, im Clouth- Gelände
die Künstler. Weitere Opfer werden folgen.
V.i.S.d.P.: Rainer Kippe,
Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln, den 21.07.2006